<21> der kleinen Fürsten freizumachen. Deren Politik geht ja doch nur darauf aus, Zwietracht zwischen den Großmächten zu säen, um auf die Weise Gelegenheit zur eigenen Vergrößerung zu finden. Eigentlich führen wir doch bloß für sie Krieg. Wir brauchen uns nur zu verständigen und uns gegenseitig zu einigen Abmachungen zu verpflichten. Dann wäre jeder Anlaß zum Streit zwischen den europäischen Großmächten beseitigt und der Grund zu einem festen und dauerhaften Frieden gelegt.“ Seltsam klangen diese Vorschläge anfangs in den Ohren eines Volkes, das durch eine lange Reihe von Kriegen gewöhnt war, gerade das österreichische Kaiserhaus als Erbfeind zu betrachten. Schließlich aber schmeichelte dem französischen Ministerium der Gedanke, daß die Großmächte Europa Gesetze vorschreiben sollten. Auch die Aussicht auf dauernden Frieden war verlockend. Doch ließ man sich durch andere Erwägungen noch zurückhalten.

Graf Kaunitz verlor indes den Mut nicht. Immer wieder kam er auf die Sache zurück, und durch die beständige Wiederholung der gleichen Vorschläge befreundete sich der französische Hof mit seinen Ideen und ließ sich unmerklich überreden. Ein Bündnis zwischen den beiden Großmächten erschien den Franzosen nicht mehr so unmöglich, wie ihre Vorfahren gewähnt hatten. Der Keim brauchte nur Zeit zur Entwicklung. Die Ansicht des Grafen Kaunitz fand allmählich Anhänger, und das rief eine leichte Abkühlung zwischen den Höfen von Versailles und Berlin hervor. Dies zeigte sich besonders bei der Sendung Lord Tyrconnels nach Berlin (1750). Die vom Grafen Kaunitz so oft betonte Idee der Bevormundung war dem Gesandten zu Kopfe gestiegen: immerfort redete er in auffälliger Weise von der Unabhängigkeit der Großmächte. Eines Tages tat er sogar einige recht unkluge Äußerungen im folgenden Sinne: „Will der König von Preußen uns Winkelzüge machen, so lassen wir ihn fallen, und er ist zerschmettert.“ Äußerlich wahrten die Franzosen dem König gegenüber zwar alle Formen wohlwollender Freundschaft, aber dem Versailler Hof erschien ein Bündnis mit der Kaiserin-Königin schon nicht mehr ausgeschlossen, und die Feindschaft war jedenfalls vorüber. Dabei blieben die Dinge zunächst stehen, bis die Schikanen der Engländer Ludwig XV. abermals zum Kriege nötigten.

Als der Wiener Hof in Versailles nicht so leicht vorwärts kam, wie er es sich ausgemalt hatte, wandte er sich in seinem steten Bemühen, seine Position zu stärken, nach Petersburg und setzte dort alle Hebel in Bewegung, um seine Verbindung mit Rußland enger zu gestalten und die Kaiserin Elisabeth mit dem König von Preußen zu entzweien. Ein russischer Minister konnte sich darauf verlassen, daß er von den Österreichern für seinen Haß gegen Preußen bezahlt wurde, und zwar desto höher, je grimmiger der Haß war. Die leitenden Staatsmänner hatten darum kein anderes Bestreben, als Zerwürfnisse zwischen Petersburg und Berlin zu stiften. Eine an sich ganz belanglose Sache gab ihnen den Vorwand dazu. Um im Norden ein Gleichgewicht herzustellen, hatten Frankreich, Preußen und Schweden einen Dreibund geschlossen (1747/48). Nun stellte sich Graf Bestushew, als schöpfe er Verdacht. Er flößte der